Station 6: Coppelstift
Wupperstraße 82 – Zur Karte – Zum Tourstart
Wir stehen hier vor dem von Gustav Coppel gegründeten Coppelstift. Gustav Coppel war der bedeutendste Mäzen der Stadt. 1906 wurde ihm auf einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung die Ehrenbürgerwürde zuerkannt. In seiner Dankesrede zeigte sich Gustav Coppel als echter Solinger Lokalpatriot:
„Für mich ist der Solinger Boden gleichsam geheiligt. Hier haben meine Großeltern schon mehr als ein halbes Jahrhundert in Glück und Zufriedenheit gelebt.“ […] „Ich gebe Ihnen das heilige Versprechen, daß ich, solange ich lebe, jedem meiner braven Solinger, weß Standes, Glaubens und politischer Überzeugung er sein mag, zu Diensten stehen werde, so weit meine Kraft reicht.“
Gustav Coppel meinte dieses Versprechen ernst. 119.000 Mark aus der Stiftung von Gustav Coppel und weiterer Familienangehöriger ermöglichten 1912 die Errichtung des Coppelstifts. Dies war die größte Schenkung, die die Stadt Solingen bis zu diesem Zeitpunkt je erhalten hatte. Das Coppelstift war Erholungsheim, Fürsorge- und Mütterberatungsstelle. Gustav Coppel sagte dazu bei den „Einweihungsfeierlichkeiten“ am 14. Mai 1912:
„Mein innigster Wunsch ist es, daß das Erholungsheim den Ermatteten Genesung und Kräftigung bringen möge, daß die in der Entwicklung zurück gebliebenen Kinder, die überanstrengten Männer und Frauen hier Ruhe, neue Kraft und neuen Lebensmut finden mögen. Möge in diesem Raum stets Friede, Sitte und Geselligkeit herrschen, liebevolles Entgegenkommen, liebevolle Unterstützung, Liebe zur Stadt, Liebe zu dem Vaterlande.“
Weitere Zuwendungen der Stifterfamilie kamen in den Folgejahren dem Coppelstift zugute. Selbst Hermann Merkel, Redakteur der damals sozialdemokratischen „Bergischen Arbeiterstimme“, entschiedener Kriegsgegner und politischer Gegenspieler Gustav Coppels, zollte dem Unternehmer nach dessen Tod in einem Nachruf vom 28. Dezember 1914 hohen Respekt:
„Der Großindustrielle Gustav Coppel gehörte zu den wenigen Kapitalisten, die sich auch in der modernen Hetzjagd nach dem Profit ihren persönlichen Charakter und ihren freien Blick über das Hauptbuch ihres Geschäfts hinaus bewahrt haben, und die von einer hohen Bildung des Verstandes und des Gemüts befähigt sind, die Unnatur und Ungerechtigkeit der Mehrwertserzeugung wenigstens zu ahnen. Diese Ahnung von den ökonomischen Zusammenhängen setzte sich bei dem Toten in einem starken Wohltätigkeitsdrang durch.“
Das Coppelstift wurde nach 1933 der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) übertragen. Sein Name sollte nicht mehr an den jüdischen Stifter erinnern und wurde 1935 in „Städtisches Säuglingsheim“ geändert.
Heute sind in den Gebäuden des Coppelstifts die psychologischen Dienste der Stadt Solingen untergebracht, unter anderem der schulpsychologische Dienst, die psychologische Familien- und Erziehungsberatung sowie die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung. Seit September 2000 ist im Foyer der Anlage eine Ausstellung zur Firmen- und Familiengeschichte der Coppels zu sehen.
Aufgrund von Sparmaßnahmen der Stadt stand in den Bürgerhaushalten 2010 und 2012 die Aufgabe der Gebäude an der Wupperstraße und die räumliche Zusammenlegung mit dem Stadtdienst Soziales im Rathaus zur Debatte. Doch der Stadtrat entschied sich aufgrund des zu geringen Einsparungspotenzials und weil es unklar war, ob die Stiftungsbestimmungen des Coppelstifts sich damit vereinbaren ließen, wiederholt dagegen.
So schützt das Engagement der Familie Coppel für das Coppelstift bis heute diese bedeutende soziale Einrichtung und die angrenzende Grünanlage Gustav-Coppel-Park.