Die Familie Coppel

Von Dietmar Gaida und Simone Sassin

Die Stationen 1–7 können selbständig ohne Begleitung gelaufen werden. Der jüdische Friedhof (Station 8) ist nicht öffentlich zugänglich und kann nur im Rahmen einer geführten Tour besucht werden. Individuelle Führungen können über info@max-leven-zentrum.de vereinbart werden. Die Streckenlänge beträgt knapp vier Kilometer.


Station 1: Alexander-Coppel-Straße

Alexander-Coppel-Straße – Zur Karte

Wir beginnen unseren Stadtrundgang zur Geschichte der Familie Coppel an der Alexander-Coppel-Straße. Die Familie Coppel, die bis Mitte der 1930er Jahre eine bedeutende Rolle in der Solinger Wirtschaft und Stadtgesellschaft spielte, ist nach der nationalsozialistischen Terrorherrschaft aus den Adressbüchern der Stadt Solingen komplett verschwunden. Auch die Erinnerung an sie lag sehr lange brach. Erst 1994 erschien eine große Familienbiografie und seit September 2000 gibt es eine kleine Ausstellung zur Firmen- und Familiengeschichte im Coppelstift an der Wupperstraße.

Alle Versuche, eine Straße oder eine Schule nach der Familie oder nach einem Familienmitglied zu benennen, scheiterten bis zum 1. September 2005. An diesem Tag beschloss die Bezirksvertretung Mitte auf Antrag von Grünen, SPD, Freier Bürger Union und Bürgergemeinschaft für Solingen e.V. einstimmig, die damals hier neu entstandene Straße nicht – wie von der Verwaltung vorgeschlagen – als „Südpark“ zu benennen, sondern als „Alexander-Coppel-Straße“.

Wer war Dr. Alexander Coppel?

Dr. Alexander Coppel, Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 20007

Alexander Coppel wurde am 18. September 1865 in Solingen geboren. Er war der jüngste Sohn des Solinger Ehrenbürgers Gustav Coppel. Nach seiner juristischen Promotion in Erlangen trat er in die (groß)väterliche Firma „Alexander Coppel“ ein. Wie seine Eltern bemühte sich Alexander Coppel in vorbildlicher Weise um das soziale Wohlergehen der Betriebsangehörigen und der Allgemeinheit. Insbesondere verstand er sich als Kurator des Coppelstifts, das seine Eltern 1912 ins Leben gerufen hatten. Anlässlich des 100. Jahrestages der Firmengründung 1921 stiftete die Firma Alexander Coppel zwei Millionen Mark für verschiedene soziale Zwecke. Alexander Coppel blieb unverheiratet.

Wie der Vater spielte Alexander Coppel im öffentlichen Leben der Stadt eine herausragende Rolle. Bei der Gründung der neu entstandenen Volkshochschule wurde er 1912 erster Schatzmeister. Von 1914 bis 1929 war er Stadtverordneter der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Bis 1933 gehörte er dem Aufsichtsrat des Solinger Spar- und Bauvereins an. Von 1915 bis 1942 war er Mitglied des Vorstands der Solinger Synagogengemeinde, 25 Jahre lang als deren stellvertretender Vorsitzender, ab 1940 als Vorsitzender.

Ungeachtet ihrer Verdienste um Solingen wurde auch die Familie Coppel von den Nationalsozialisten verfolgt. Sophie Coppel (1875-1951), Witwe des 1931 verstorbenen Bruders Hermann Coppel, emigrierte bereits 1934 zusammen mit ihrem Sohn Heinz (1898-1947) und dessen Familie in die Schweiz.

1936 verloren im Zuge der nationalsozialistischen Arisierung Alexander und sein Bruder Carl Gustav Coppel binnen sechs Wochen die Filiale Hilden an die Kronprinz AG und das Stammwerk Solingen an eine Kapitalgesellschaft unter nichtjüdischer Leitung, darunter Carl Gustav Coppels Schwiegersohn Karl Anton Reiche. Er konnte sich jedoch nur bis 1939 als einer von zwei Gesellschaftern im Unternehmen halten.

Carl Gustav Coppel, Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS19989

Alexanders ältester Bruder Carl Gustav Coppel, der seit 1920 in Düsseldorf lebte, nahm sich 1941 nach dem Tod seiner Frau das Leben. Seine Tochter Anna Reiche wurde 1942 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück ermordet. Auch seine zweite Tochter Martha Coppel, die pflegebedürftig war, fiel 1942 in Sobibor der NS-Tötungsmaschinerie zum Opfer.

Alexander Coppel musste all diese Demütigungen mit ertragen. Seit November 1938 war er gezwungen, den zusätzlichen Vornamen „Gideon“ zu führen. Im Novemberpogrom 1938 wurde die wertvolle Wohnungseinrichtung verwüstet und er selber vorübergehend im Polizeigefängnis festgehalten. Seit 1941 war er „Beauftragter“ der zu einem „Büro Solingen“ degradierten Synagogengemeinde. Das „Büro“ erhielt seine Weisungen von der unter Aufsicht der Gestapo stehenden Bezirksstelle der „Reichsvereinigung der Juden“ in Köln.

Von dem weiteren Schicksal Alexander Coppels erfahren wir an der nächsten Station, seinem ehemaligen Wohnort am Werwolf 3.