Workshop IV „Ideenwerkstatt“

In der Ideenwerkstatt zur Zukunft des Bunkers wurde am 25. September 2022 am Gymnasium Schwertstraße darüber diskutiert, wie man die Erinnerung an die in der Pogromnacht 1938 zerstörte Solinger Synagoge und Informationen über ehemaliges und heutiges jüdisches Leben analog vor Ort und online vermitteln kann, insbesondere den Schülerinnen und Schülern, die tagtäglich den Bunker auf ihrem Schulhof vor Augen haben. Der Workshop wurde von Daniela Tobias und Armin Schulte geleitet.

Ralf Rogge stellte die Geschichte der Solinger Bunker, insbesondere des Bunkers an der Malteserstraße, vor, der ab 1943 auf dem Gelände der Synagoge errichtet, aber nie fertiggestellt wurde. Er wurde provisorisch in Betrieb genommen, konnte aber mangels Dach keinen Schutz bieten. Die Stadt Solingen erwarb den Bunker 2021 für einen symbolischen Euro vom Bund unter der Maßgabe, im Umfeld des Bunkers eine angemessene Erinnerung an die Solinger Synagoge herzustellen. Eine erste Maßnahme war die Anbringung der Fensterrose im März 2022.

Werner und Ben Koch von der Excit3D GmbH konnten wenige Tage vor dem Workshop in Begleitung der Solinger Feuerwehr 360°-Aufnahmen im Inneren des Bunkers machen sowie eine Drohnenaufnahme über dem Bunker. Derzeit ist der Bunker aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugänglich, da teilweise Treppengeländer fehlen, Abplatzungen von der Betondecke vorkommen und es kein Licht im Bunker gibt. Werner Koch stellte einen ersten 360°-Rundgang aus den Aufnahmen vor.

Michael Roden vom Stadtdienst Integration berichtete, dass die Stadt Solingen am Abend des 19. Dezember 2022 erstmals zusammen mit der jüdischen Gemeinde öffentlich das Chanukka-Fest feiern wird. Dabei soll am Bunker symbolisch die zweite Kerze des Chanukka-Leuchters entzündet werden. Auch die Gedenkveranstaltung zum 9. November findet traditionell am Bunker statt.

Problematisch ist, dass derzeit die Gedenktafeln wegen des neuen Sicherungszauns nicht zugänglich sind. Die Fensterrose soll eine dauerhafte, bei Bedarf einsetzbare Beleuchtung bekommen.

Bei einer Außenbegehung erläuterten Armin Schulte und Daniela Tobias die Baustelle des Gymnasiums Schwertstraße. Der neue Anbau wird bis auf wenige Meter an den Bunker heranreichen und der neue Haupteingang zur Schule soll sich zukünftig an der Malteserstraße befinden.

Seit die Stadt Eigentümerin des Bunkers ist, wurden aus Sicherheitsgründen ein Zaun rund um das Gelände bzw. Fangnetze an der Fassade angebracht. Der obere kleine Schulhof gehört zum Bunkergelände.

Lehrer Nicolas Weber hatte im vergangenen Schuljahr am Gymnasium Schwertstraße einen Projektkurs in der Oberstufe geleitet, der sich mit der Geschichte der Synagoge und ihrer Vermittlung beschäftigt hatte. Er stellte die Projektergebnisse vor.

Das Credo der Schülerinnen und Schüler lautete: „Weg von reiner Dokumentation, hin zur Irritation als Mittel zur Auseinandersetzung mit dem Ort.“ Wechselnde visuelle Anreize und Informationen zum Gebäude und zum jüdischen Leben möchten sie in die drei „Schaukästen“ am Vorbau des Bunkers setzen, aber auch über QR-Codes zu digitalen Angeboten leiten.

Um den Bereich an der Malteserstraße barrierefrei zugänglich zu machen, müsse dringend der Zaun abgebaut werden. Eine einladende Gestaltung mit einer Sitzbank, eine Bepflanzung mit jüdischen Bezügen und die künstlerische Gestaltung mit einer kleinen Skulptur, die zur Auseinandersetzung anregt, waren Ideen für das Gelände neben dem Vorbau.

Micha Thom, Martina Grams-Wilkens und Damian Grams stellten anschließend ihr Konzept „Haus der Erinnerung“ vor, das ein multimediales Museum mit verschiedenen Sinnesräumen im Bunker nebst gläsernem Dachcafé vorsieht.

Sie berichteten von früheren gemeinsamen Projekten beim Internationalen Bund (IB) mit Jugendlichen über Stolpersteine, Bunker und von einem Austausch mit Holocaust-Überlebenden in Warschau. Daraus sind verschiedene Buchprojekte entstanden, die in die Konzeption des „Hauses der Erinnerung“ eingeflossen sind.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden weitere Ideen gesammelt und nach Machbarkeits-Stufen sortiert.

Mit geringem finanziellen und organisatorischen Aufwand umsetzbare Ideen

  • Veröffentlichung der 360°- und VR-Rundgänge (Synagoge + Bunker)
  • Sicherung der Fassade, so dass der Zaun zumindest an Malteserstraße zurückgebaut werden kann.
  • Vorplatz an der Malteserstraße ansprechend gestalten, Möglichkeit zum Verweilen und Ort der Besinnung/des Gedenkens schaffen
  • „Schaukästen“ in Aussparungen am Vorbau Malteserstraße für „Ausstellungen“ nutzbar machen
  • Infotafeln mit QR-Codes
  • Umrisse der Synagoge auf transparente Tafel drucken, um Dimension in Durchsicht auf den Bunker sichtbar zu machen.
  • Didaktisches Konzept implementieren (Schulen + weitere Partner)

Nur mit Genehmigungen und größerem finanziellen Aufwand umsetzbare Ideen

  • Fassade anmalen oder mit „Synapsen“ gestalten, Bild der Synagoge über komplette Fassade mit Textilbannern sichtbar machen, Sichtbarmachen des Eingangsportals der Synagoge an Bunkerfassade
  • „Schattenwurf“ der Synagoge auf oberem Schulhof markieren
  • Turm der Synagoge mit Davidstern in Originalgröße auf dem Dach nachbilden (Gerüst oder Glaskuppel)
  • Grundmauern der Synagoge suchen und falls vorhanden freilegen
  • Info-Pavillon vor dem Bunker zur NS-Geschichte und Geschichte der Verdrängung, eingebunden in Pavillon-Konzept an verschiedenen Orten („Topographie der Erinnerung“), neben Infos auch sinnliche Wahrnehmung

Visionen

  • „Garten Eden“ als Dach-Café, Dach des Bunkers sichern und nutzen für sinnlich wahrnehmbare Erinnerungen (z.B. gesprochene Erinnerungen von NS-Opfern), begehbares Dach mit Aussicht, Brücke zur Schule
  • Innenausbau des Bunkers („Haus der Erinnerung“)
  • Decke in einem Innenraum durchbrechen, um Bunker-Charakter zu durchbrechen
  • Abreißen + Synagoge bauen

Die Ergebnisse der Heimatwerkstatt und die weiteren Schritte der Umsetzung werden bei der Abschlussveranstaltung am 14. November 2022 um 17.30 Uhr im Zentrum für verfolgte Künste im Beisein von Oberbürgermeister Tim Kurzbach vorgestellt.