Station 2: Familie Strauss
Düsseldorfer Str. 58 – Zur Karte – Zum Tourstart
Oskar Strauss wurde am 8. September 1875 in Bochum geboren. Er war eines von neun Kindern des Handelsmannes Isaac Strauss und seiner Frau Sara. Isaac Strauss entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie aus Gräfrath. Oskar, über dessen Kindheit und Jugend nichts bekannt ist, arbeitete zunächst als Federmesserreider und Schlosser oder wurde in diesen Berufen ausgebildet. Zwischen 1899 und 1903 hielt er sich laut Einwohnermeldekartei in Essen auf.
Im Juni 1903 starb Oskars älterer Bruder Moritz, im Oktober sein Vater Isaac. Oskar lebte nun bis zum Tod seiner Mutter im Januar 1905 wieder im elterlichen Haushalt an der Wupperstraße 9. Nach ihrem Tod zog er zunächst an die Kölner Straße 118, wo er eine Stahlwarenhandlung unterhielt. Die Stahlwaren selbst verkaufte er auf Märkten und Messen.



Seit 1908 war Oskar Strauss Mieter im Haus seines späteren Schwiegervaters Schlingensiepen. Vermutlich lernt er hier seine am 25. September 1888 in Solingen geborene Frau Marie kennen, die er 1913 heiratete. Domizil des jungen Ehepaares wurde bis 1931 die Düsseldorfer Straße 58, wo sich auch die Stahlwarenhandlung befand.
Am 20. Januar 1914 wurde dem Paar der Sohn Lothar geboren, am 7. Januar 1919 folgte Sohn Heinz. Obwohl die Mutter evangelisch war, gehörten beide Söhne der israelitischen Gemeinde an. 1926 ereilte die junge Familie mit dem Tod von Heinz ein schwerer Schicksalsschlag. Oskar Strauss hatte zuvor schon 1916 seine Schwester Rosa und 1922 seinen Bruder Hermann verloren, bevor auch sein Bruder Adolf 1931 relativ jung starb.
1931 zog die Familie an die Kronenstraße, im Juni 1934 dann zur Kiefernstraße 6 in Ohligs. Mit der 1933 einsetzenden Diskriminierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung und ihrer Verdrängung aus dem Wirtschaftsleben gingen auch die Einkünfte von Oskar Strauss als Stahlwarenhändler erheblich zurück. Die wirtschaftlich relativ guten Verhältnisse der Familie wandelten sich zu relativ bescheidenen. Und es kam noch schlimmer. Sohn Lothar, der als Kaufmann 1936 für kurze Zeit ein Gewerbe in Bindereibedarf anmeldete, starb am 31. Juli 1936 in den Städtischen Krankenanstalten an Tuberkulose. Damit summierten sich die Sterbefälle in Oskars Leben endgültig zu einer wohl nur schwer erträglichen Bürde.
Unterdessen ließ ihm der NS-Staat mit seinen Diskriminierungs- und Verfolgungsmaßnahmen keine Atempause mehr. Am 10. November 1938 war Oskar Strauss in Folge der Reichspogromnacht verhaftet und eine Nacht im Polizeigefängnis Solingen in „Schutzhaft“ gehalten worden. Ab Januar 1939 waren Juden gezwungen die Vornamen „Israel“ oder „Sara“ anzunehmen. Nun sah Oskar Strauss nur noch einen Ausweg für sich: am 13. Januar 1939 warf er sich an der Bahnstrecke Ohligs – Köln vor einen Zug. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Solingen beigesetzt. Im Beerdigungsregister heißt es: „Sein Leben und Tod führte[n] abseits von der gewöhnlichen Straße. Er schied freiwillig aus dem Leben.“

Marie Strauss lebte fortan in ärmlichen Verhältnissen. Sie nahm eine Haushaltsstelle in den Städtischen Krankenanstalten an. 1944 heiratete sie erneut. Bis zu ihrem Tod am 18. November 1982 blieb sie in Solingen wohnen.