Jüdische Kaufleute in Ohligs

Station 3: Henriette Marx

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Die Düsseldorfer Str. 49 heute. Foto: Daniela Tobias

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Henriette Breuer kam am 5. Mai 1879 in Tetz im heutigen Kreis Düren als Tochter des Handelsmannes Moses Breuer und seiner Frau Sibilla zur Welt. 1904 heiratete sie Louis Marx aus Mönchengladbach. Im Februar 1906 eröffnete sie in Ohligs an der Düsseldorfer Str. 49 (damals noch 43) eine Filiale der Firma „Gladbacher Fabrik-Depot“. Ihr Sohn Fritz war noch am 14. September 1905 in Mönchengladbach geboren, ihre Tochter Grete Luise kam am 4. April 1907 in Ohligs zur Welt.

Eröffnungs-Annonce im Ohligser Anzeiger vom 13. Februar 1906. Quelle: Stadtarchiv Solingen via zeitpunkt.nrw

Henriette Marx’ Umzug nach Ohligs war wohl auch eine Flucht vor dem gewalttätigen Ehemann gewesen. Vor dem Königlichen Landgericht Köln wurde am 30. März 1907 ihre Ehe geschieden und festgestellt, dass Louis Marx sich der Misshandlung seiner Frau schuldig gemacht hatte. Bemerkenswert ist, dass das Gericht die erneute Schwangerschaft von Henriette Marx als unter Zwang zustande gekommen wertete und nicht als erneute Verbindung der Eheleute, die die Voraussetzung für eine Scheidung hätte hinfällig werden lassen.

Annonce von Henriette Marx für eine Haushälterin im Israelitischen Familienblatt vom 21. Oktober 1910, Quelle: Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Compact Memory

Trotz der sicher nicht einfachen Umstände als alleinerziehende Mutter zweier Kleinkinder gelang es Henriette Marx, sich in Ohligs eine neue Existenz aufzubauen. 1909 rangierte sie, was die Höhe der zu zahlenden Steuern betraf, vorübergehend an erster Stelle der jüdischen Kaufleute in Ohligs. Ihr Geschäft mit Modewaren, Stoffen und Bettwaren entwickelte sich so erfolgreich, dass sie in den kommenden Jahren mehrfach ihre Verkaufsräume vergrößerte.

Geschäft Meyerhoff, Düsseldorfer Str. 49 (links), Postkarte von ca. 1915, Quelle: Stadtarchiv Solingen, PK 2443

Am 7. November 1912 heiratete Henriette Marx den aus Wiesbaden zuziehenden Kaufmann Simon Meyerhoff. Er war am 29. September 1875 als fünftes Kind des Metzgers und Viehhändlers Jakob Meyerhoff und seiner Frau Jenni im westfälischen Körbecke geboren. Trauzeugen waren die beiden Ohligser Kaufleute Paul Steeg und Georg Davids. Wenige Wochen später kündigte Henriette Marx im Ohligser Anzeiger die Umfirmierung ihres Geschäfts in „S. Meyerhoff, Manufaktur- und Modenhaus“ an.

Annonce zur Umfirmierung des Geschäfts im Ohligser Anzeiger vom 4. Dezember 1912, Quelle: Stadtarchiv Solingen via zeitpunkt.nrw

Auch weiterhin gehörte das Modehaus, dessen Geschäftsführerin sie blieb, zu den größeren jüdischen Geschäften in Ohligs, erreichte aber keine Spitzenstellung mehr. Zum Sortiment gehörten Damenbekleidung, Stoffe und Weißwaren.

Ihr Sohn Fritz Marx zog laut Meldekarte 1923 nach Duisburg. Nachdem Fritz Marx vier Jahre lang eine höhere Schule besucht hatte, ließ er sich unter anderem in Leipzig zum Musiker ausbilden.

Am 1. Juli 1929 heirateten Tochter Grete Luise und Dr. jur. Dr. rer. pol. Heinrich Rosenblatt in Ohligs. Der Jurist war am 23. September 1898 in Nürnberg geboren worden. Seit 1927 unterhielt er dort eine Rechtsanwaltskanzlei. Auch Tochter Hella wurde am 24. Dezember 1930 in Nürnberg geboren. Später lebte das junge Paar in Duisburg.

1922/23 veröffentlichte das Modegeschäft S. Meyerhoff regelmäßig Annoncen mit Schnittmuster-Empfehlungen im Ohligser Anzeiger, wie hier am 24. Juni 1922. Quelle: Stadtarchiv Solingen via zeitpunkt.nrw

Im September 1931 ging das Kaufhaus Meyerhoff in Ohligs Konkurs und musste geschlossen werden. Über einen möglichen Zusammenhang mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise kann nur spekuliert werden. Im April 1932 meldete Henriette Meyerhoff dann unter ihrem Namen ein Manufakturwaren- und Modehaus an der Düsseldorfer Straße 17 an. Hier erfahren wir später mehr zum Schicksal der Meyerhoffs.