Am Samstag, 16. März 2024 beim 23. Schülerrockfestival und Antirassismustag im Schulzentrum Vogelsang hatte das Max-Leven-Zentrum wie in den letzten Jahren einen Infostand. Es ist jedes Mal eine Herausforderung, zwischen den vielen anderen interessanten und bunten Ständen von Jugendeinrichtungen und Schulen, historische Themen spannend zu machen. Wir haben daher in diesem Jahr die Geschichte von Ruth und Marion Kupperschlag als Foto-Story aufbereitet und ein 16-seitiges Heft gestaltet.
Anlass für die Beschäftigung mit der Familie Kupperschlag war ein Teppich, der letztes Jahr den Weg ins Stadtarchiv fand. Annemarie Buchmüller-Kern wollte den etwa einen Meter mal einen Meter großen Kelim-Teppich aus dem Familienbesitz zusammen mit seiner Geschichte in gute Hände abgeben. Sie selber hat die NS-Zeit als kleines Kind erlebt. Sie weiß, dass ihre Familie mit Bezug zur katholischen Zentrumspartei die Nationalsozialisten ablehnte und ihre Tante Maria Boddenberg mit der jüdischen Nachbarin Anna Kupperschlag befreundet war. Als die Familie wegen des zunehmenden Verfolgungsdrucks aus Deutschland fliehen wollte und Geld brauchte, versuchte sie, Dinge an vertrauenswürdige Menschen zu verkaufen. So gelangte der Teppich der Kupperschlags in den Besitz der Familie Boddenberg.
Für das Ehepaar Anna und Josef Kupperschlag wurden 2007 Stolpersteine an der Klemens-Horn-Straße 15 verlegt. Sie mussten im März 1939 die Leitung des jüdischen Altersheims in Elberfeld übernehmen und wurden zusammen mit den Bewohner:innen im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, im Oktober 1944 weiter nach Auschwitz und dort ermordet. Die beiden Töchter Ruth und Marion flohen Anfang 1939 ohne die Eltern nach Amsterdam zu Verwandten. Hier wurden sie 1943 im KZ Vught interniert und mussten Zwangsarbeit leisten. Im Juni 1944 wurden die Schwestern mit einer Gruppe von Frauen nach Auschwitz verschleppt. Im Frühjahr 1945 konnten sie vom schwedischen Roten Kreuz befreit werden. Marion ging nach dem Krieg zurück in die Niederlande, Ruth zuerst nach Brasilien zur Familie ihres Onkels, später in die USA.
2007 vermachte Ruth Kupperschlag dem United States Holocaust Memorial Museum ihre Erinnerungen, darunter Fotos, Briefe ihrer Mutter, Dokumente und Berichte über die Zeit in den Konzentrationslagern und die Befreiung. Aus diesem Material und weiteren Fotos und Zeitungsartikeln aus dem Bestand des Stadtarchivs Solingen haben wir eine Foto-Story gestaltet, die über das Leben der Schwestern erzählt: als Schülerinnen der August-Dicke-Schule, als Enkelinnen von Nathan Isaac, der 1886 in Solingen eine Filiale des Kaufhauses Alsberg eröffnete, über die Sorgen, die ihre Mutter Anna sich um die Töchter in den Niederlanden machte und den Mut und die Hoffnung, mit der die Schwestern die Zeit in den Konzentrationslagern überstanden.
Das Heft kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden: Ruth und Marion – Wie zwei Schwestern den Holocaust überleben (pdf, 8 MB)
Schulen, die das Heft im Unterricht in gedruckter Version verwenden möchten, können sich an das Stadtarchiv Solingen wenden unter max-leven-zentrum@solingen.de