Infostand beim zweiten Klingenpride

Am 29. Juli 2023 findet ab 15 Uhr im Südpark der zweite Solinger Klingenpride statt. In diesem Jahr sind wir mit einem gemeinsamen Stand mit dem Bündnis „Solingen ist Bunt statt Braun“ vertreten. Anlässlich des Christopher Street Days informieren wir über das Schicksal von Heinrich Irsen, der unter den Nationalsozialisten als Homosexueller verfolgt und ermordet wurde.

Am 2. August 2017 hat der Künstler Gunter Demnig einen Stolperstein für Heinrich Irsen in Solingen verlegt. Er liegt am Ort des ehemaligen, noch existierenden Wohnhauses Katternberger Straße 202a auf dem Gehweg vor der Toreinfahrt. Es ist in Solingen der erste und bisher einzige Stolperstein zur Erinnerung an einen in der NS-Zeit verfolgten homosexuellen Mann.

Heinrich Irsen kam 1904 in Höhscheid zur Welt. Am 12. Juni 1937 geriet Heinrich Irsen möglicherweise in eine Razzia der Polizei in Köln, die gezielte Maßnahmen gegen Homosexuelle durchführte. Er wurde wegen des Verdachtes der „Unzucht“, so die Bezeichnung der NS-Diktatur für gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern, verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt. Ab diesem Zeitpunkt war Heinrich Irsen in das Verfolgungsraster von Polizei und NS-Justiz geraten. Wann und ob gegen ihn Anklage wegen Verstoßes gegen den Paragraphen 175 erhoben wurde und ob er zu einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe verurteilt wurde, ist bislang ungeklärt. Am 30. April 1942 wurde er erneut durch die Wuppertaler Kripo in Polizeihaft genommen. Von dort wurde er am 17. Mai 1942 in das KZ Sachsenhausen bei Berlin deportiert.

Karteikarte für Heinrich Irsen vom Amt für die Erfassung von Kriegsopfern, Berlin.
Quelle: 23120001 208/130607989/ITS Digital Archive, Arolsen Archives

In Sachsenhausen wurde er dem gefürchteten Strafkommando im Außenlager Großziegelwerk, dem sogenannten „Klinker“, zugewiesen. Durch die heimlichen Aufzeichnungen des Häftlings Emil Büge, der trotz Lebensgefahr seine Beobachtungen und die Namen der Opfer schriftlich festhielt, wissen wir, dass im Sommer 1942 eine gezielte Mordaktion gegen Homosexuelle stattfand. Dabei wurden allein im Juli 1942 über 80 namentlich bekannte Männer ermordet, darunter auch Irsen. Er wurde nur 37 Jahre alt. Er starb am 5. Juli 1942 in Folge der Torturen, angebliche Todesursache: Herz- und Kreislaufschwäche.

Der Paragraph 175 trat 1872 mit dem Reichsstrafgesetzbuch in Kraft und verbot „widernatürliche Unzucht“ unter Männern und mit Tieren. 1935 wurde der Paragraph von den Nationalsozialisten auf alle als „Unzucht“ gewerteten Handlungen zwischen Männern ausgeweitet. Das konnte schon eine einfache Berührung sein. Lesbische Frauen wurden unter anderen Vorwänden diskriminiert und verfolgt.

Irsen war einer von mehreren Tausend Männern und Frauen, die während der NS-Zeit wegen des Vorwurfes homosexueller Kontakte verfolgt wurden und die Verhör, Folter, Zwangskastration, Gefängnis, Zuchthaus, Deportation und Konzentrations- oder Vernichtungslager nicht überlebten. Diejenigen Homosexuellen, die die NS-Zeit überlebten, wurden nach dem 8. Mai 1945 weiter verfolgt. Bis zum Jahr 1969 blieb der Strafrechtsparagraph 175 in der 1935 von den Nazis verschärften Fassung unverändert bestehen.

Jürgen Wenke, ehrenamtlicher Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins Rosa Strippe e.V., Beratungsstelle für Lesben, Schwule und deren Familien, recherchierte 2017 das Schicksal von Heinrich Irsen.

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