Das Zentrum für verfolgte Künste produziert zur Zeit Podcasts über einzelne Werke seiner Sammlung, die Museumsarbeit, Fragen der Erinnerungskultur und über Themen und Motive seiner Ausstellungen. In der ersten Folge geht es um Carl Rabus’ Holzschnitt „Die Zeit steht still. Was ist Zeit? Warten, warten. Geduld ist alles!“ von 1945. Der Künstler verarbeitet in seinem Zyklus „Die Passion“ die Zeit seiner Internierung im südfranzösischen Lager St. Cyprien.
Als wir für unsere Ausstellung „… und laut zu sagen: Nein.“ die Tafel für den Solinger SPD-Politiker Karl Müller gestalteten, stießen wir auf die Zeichnungen von Carl Rabus, der genau wie Karl Müller mehrere Monate in St. Cyprien festgehalten wurde.
Im Sommer 1942 wurde Müller, inzwischen ins Lager Les Milles verlegt, Zeuge der beginnenden Deportationen der dort ebenfalls festgehaltenen Juden in die Vernichtungslager im Osten. Um sich dem Zugriff der Gestapo zu entziehen, floh er im November 1942 mit Hilfe eines protestantischen Pfarrers aus dem Lager. Von November 1942 bis August 1944 hielt Müller sich illegal in St. Hilaire de Lavit im Departement Lozère auf. Wiederholt musste er sich vor der Gestapo und der französischen Polizei in Sicherheit bringen. Im November 1944 ging Müller in das bereits von den Alliierten befreite Paris und arbeitete dort bis 1945 als Sekretär der Landesgruppe Deutscher Sozialdemokraten in Frankreich.
Im Oktober 1945 kehrte Karl Müller nach Solingen zurück, wurde im Februar 1946 von den Briten für die SPD in den ersten Solinger Stadtrat berufen und war ab April 1946 zunächst hauptamtlich Angestellter der Einheitsgewerkschaft und dann bis zu seiner Pensionierung 1955 Gewerkschaftssekretär der ÖTV in Solingen.
Links: Karl Müller, um 1960. Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 27413; Rechts: Carl Rabus, St. Cyprien, Bleistiftzeichnung, 1940. Quelle: Kunstsammlung Gerhard Schneider im Zentrum für verfolgte Künste