Da die Ausstellung „… und laut zu sagen: Nein.“ pandemiebedingt nicht wie geplant im Mai 2020 eröffnet werden konnte, wurden bis Mai 2021 jede Woche Teile daraus unter dem Hashtag #closedbutopen vorgestellt.
Mindestens 31 politische Aktivistinnen und Aktivisten aus Solingen flohen ins benachbarte Ausland. Elf Solinger emigrierten ab 1936 nach Spanien und kämpften dort im Bürgerkrieg auf republikanischer Seite. Willi Franz, Julius Kaupe, Willi Müller und Werner Reinhardt kamen in Spanien ums Leben.
Der bekannteste Solinger Spanienkämpfer war Ernst Buschmann. Der gelernte Elektriker war bis 1933 in der Leitung des Kommunistischen Jugendverbands Deutschland (KJVD) aktiv. In der Illegalität schloss er sich der KPD an. Im September 1935 ging Buschmann nach Moskau, um auf der Lenin-Schule der Komintern zu studieren. Im März 1937 meldete er sich freiwillig zu den Internationalen Brigaden (IB) nach Spanien. Buschmann bewährte sich. Schnell stieg er zum Stabschef des Hans-Beimler-Bataillons auf.
Im April 1938 wurde er mit 24 Jahren Kommandeur des Etkar-André-Bataillons im Rang eines Majors. In seiner Kader-Beurteilung heißt es: Er war „ein äußerst tapferer und mutiger Offizier mit sehr guten militärischen Entwicklungsfähigkeiten.“ Im Sommer 1938 erlebte Buschmann die Ebro-Schlacht. Im Februar 1939 musste er jedoch über die Grenze nach Frankreich fliehen und wurde dort in Saint-Cyprien, Gurs und Le Vernet interniert.
„Die Stunde der Abfahrt von Albacete zu den Brigaden an der Front war eine frohe Stunde. Ich wurde dem neugebildeten Bataillon Hans Beimler zugeteilt. In der Schlacht von Brunete, im Juli 1937, übertrug mir die Brigadeführung das Kommando des Bataillons.“
Erinnerungen von Ernst Buschmann
1942 wurde Buschmann in das Sondergefängnis Castres verlegt. Im September 1943 konnte er von dort mit 35 anderen Widerstandskämpfern ausbrechen. Er fand in der Region Lyon Anschluss an die Résistance. Hier arbeitete er in der TA (Travail Allemand) und der CALPO (Comité Allemagne libre pour l’Ouest, zu Deutsch: Bewegung Freies Deutschland im Westen). Schließlich wurde er militärischer Berater des Bataillons „Carmagnole“ der FTP-MOI (Francs-tireurs et partisans français – main-d‘oeuvre immigrée). Mit dieser Einheit nahm er unter anderem an der Befreiung von Villeurbanne, einem Vorort von Lyon, teil.
Nach der Befreiung kehrte Buschmann nach Deutschland zurück. In Koblenz engagierte er sich wieder in der KPD. Von 1947 bis 1951 saß er für die KPD im Landtag von Rheinland-Pfalz. In den Fünfzigerjahren siedelte er zeitweise in die DDR über. 1968 trat er der neu gegründeten DKP bei. 1984 erhielt er die Ehrenbürgerschaft der französischen Stadt Villeurbanne und 1996 die Ehren-Staatsbürgerschaft Spaniens. Ernst Buschmann starb am 31. Januar 1996.
Ein weiterer, eher unbekannter Spanienkämpfer aus Solingen war Felix Meschkuleit. Er spielte Handball im Walder Ballspielclub, der laut Gestapo als „kommunistisch beeinflusst“ galt, und war Mitglied der Naturfreunde. Als er von Parteifreunden vor seiner drohenden Verhaftung gewarnt wurde, wanderte er im Oktober 1933 zunächst in die Niederlande aus. 1934 siedelte er nach Brüssel über. Er verdiente seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsarbeiter, zumeist als Koch.
Von Oktober 1936 bis Ende Februar 1939 nahm Meschkuleit als Freiwilliger am Spanischen Bürgerkrieg teil. Er kämpfte in der XI. Internationalen Brigade und gehörte nach den Ermittlungen der Gestapo der 13. und 14. Flakbatterie an. Später wurde er wohl auch als Koch eingesetzt. Nach der Niederlage der Republik wurde er mehrfach interniert. Vermutlich folgte er schließlich einer Empfehlung der KPD, sich zur Stärkung des Widerstandes in Deutschland freiwillig bei den deutschen Besatzern zurück ins Reich zu melden. Kurzzeitig drohte zunächst seine Erschießung. Dann wurde er nach Deutschland verlegt und dort in verschiedenen Haftanstalten und Polizeigefängnissen festgehalten.
Nach der späteren Aussage seines Anwalts wurde er pausenlos verhört, in Wuppertal und Düsseldorf bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und zur Brechung seines Willens ständig mit zum Tode verurteilten Gefangenen zusammengesperrt. Hartnäckig blieb Meschkuleit jedoch bei seiner Aussage, vom sozialistischen Matteotti-Fonds aus beruflichen Gründen als Koch nach Spanien gesandt worden zu sein. Am 6. November 1941 wurde Felix Meschkuleit in Hamm durch den II. Strafsenat des Oberlandesgerichts wegen Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
„Der Angeklagte hat sich dadurch, dass er auf Seiten der Roten Armee in Spanien mitgekämpft hat, des Verbrechens der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens schuldig gemacht. Es ist gerichtsbekannt und in vielen Prozessen gegen frühere Rotspanienkämpfer festgestellt, dass der Bürgerkrieg in Spanien keine örtlich auf Spanien beschränkte Auseinandersetzung zweier spanischer Volksgruppen war, sondern dass es ein Ausschnitt aus dem Kampf des Bolschewismus um die Weltrevolution war.“
Urteilsbegründung des II. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm
Obwohl ihm das Reichsministerium der Justiz im März 1942 die Verbüßung des Strafrestes erließ, ordnete das Reichssicherheitshauptamt weitere „Schutzhaft“ an. Weisungsgemäß wurde Meschkuleit im Mai 1943 von Wuppertal aus in das KZ Sachsenhausen überführt. Bereits am Bahnhof Oranienburg wurde er brutal zusammengeschlagen. Zunächst musste er schwerste körperliche Arbeit verrichten, bevor er als Koch im Offizierskasino der SS eingesetzt wurde. In dieser Funktion konnte er auch Mitgefangenen Essensreste zukommen lassen. Als die SS im April 1945 das Lager vor der anrückenden Roten Armee evakuierte, wurde auch Felix Meschkuleit auf den „Todesmärschen“ mitgeschleppt. Erst am 3. Mai 1945 war für ihn der Krieg zu Ende. Politisch war er danach nicht mehr aktiv, blieb aber den Naturfreunden verbunden. Er starb am 29. Juni 1961 in Solingen.
Quellen:
– Armin Schulte: „Man soll mich nicht vergessen!“ Stolpersteine in Solingen, Schicksale 1933-1945, Solingen 2020, darin: Ernst Buschmann, Theodor Deis, Wilhelm Franz, Julius Kaupe, Felix Meschkuleit, Willi Müller und Werner Reinhardt
– Stadtarchiv Solingen: Fotos Ve 73-240 und RS 10539
– Inge Sbosny, Karl Schabrod: Widerstand in Solingen, Frankfurt am Main 1975
Die empirische und konzeptionelle Grundlagenarbeit zur Ausstellung durch Dr. Stephan Stracke wurde mit Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung NRW gefördert.