Das Ehrenmal in Höhscheid
Die Planungen für das Höhscheider Ehrenmal gehen auf das Jahr 1924 und die von Bürgermeister Pohlig unterstützte Initiative der örtlichen Kriegervereine zurück. Geplant war eine Gedächtnisstätte, kein Denkmal der Kriegsverherrlichung.
1934 legte NS-Oberbürgermeister Dr. Helmuth Otto persönlich den Höhscheider Marktplatz als Standort für das Ehrenmal fest. Er wollte ein „würdiges Eingangstor“ nach Solingen schaffen und möglicherweise auch ein bewusstes Ausrufezeichen in Richtung des ehemaligen „roten Höhscheids“ setzen. Größere Begeisterung der Bevölkerung blieb aus, weil das künftige Verbot von Schützenfest und Kirmes auf dem Platz unpopulär war.
Den 1935 ausgeschriebenen Wettbewerb gewannen der Solinger Architekt Wilhelm Klein und der Künstler Harry Stratmann (1899-1944). Stratmann war im Ersten Weltkrieg Soldat. Danach studierte er in München und Paris. Er kehrte 1928 nach Solingen zurück. Hier stellte er seine Werke in der NS-Zeit vielfach aus und trat 1937 in die NSDAP ein.
Seine 4,50 Meter hohe Figur eines nackten, schwertschwingenden Jünglings mit wehender Fahne in der linken Faust spiegelte die aggressiv-revanchistische Ausrichtung des Nationalsozialismus wider. Harry Stratmann sah in dem Dreiklang von „Fahne, Schwert und Jugendkraft“ „symbolisch das Werk unseres Führers und die Wiedererstarkung unseres Volkes und seines Wehrwillens“ verkörpert.
Der Höhscheider Marktplatz selbst wurde zum repräsentativen Aufmarschplatz umgestaltet, der „Kleine Kaiser“ auf ein Privatgrundstück versetzt, störende Baracken und Häuser abgerissen, Straßen verbreitert.
Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 16. Januar 1937 unter Beteiligung von Stadt, NSDAP, Wehrmacht und verschiedener Verbände. In den Grundstein wurde eine Urkunde versenkt, die in dem Appell mündete: „Möge es zum Ausdruck bringen den deutschen Heldenwillen: ‚Lieber tot als Sklave!‘“.
Die Einweihung des Ehrenmals für die Toten der Einigungskriege und die 525 im Ersten Weltkrieg gefallenen Höhscheider fand am 23. Mai 1937 statt. Die Weiherede hielt Wehrbezirkskommandeur Major Preußer. Die von ihm vorgenommene Enthüllung wurde symbolisch von zwei am Himmel kreisenden Flugzeugen untermalt. Oberbürgermeister Dr. Otto knüpfte in seiner Rede an die deutsche Heldensage an und versprach, dass die Hitlerjugend vor der Ehrenmalfigur des „Siegfried“ vorbeimarschieren und geloben würde, ihren Vätern nachzueifern. NS-Kreisleiter Straßweg prognostizierte in aller Deutlichkeit, dass der Erste Weltkrieg nicht der letzte Kampf gewesen sei.
Im September 1939 entfesselten die Nationalsozialisten mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. Über 60 Millionen Menschen starben auf den Schlachtfeldern, in Gefängnissen, Konzentrations- und Vernichtungslagern, in Krankenhäusern und Tötungsanstalten und in ihrer überfallenen Heimat. Auch Harry Stratmann fiel im September 1944 in Lettland. 1980 ließ die Bezirksvertretung Höhscheid eine zusätzliche Tafel „Für die Opfer des Krieges 1939–1945“ am Ehrenmal anbringen.
Am 4. September 2022 rückte das Ehrenmal durch eine vom Solinger Kunstverein initiierte Kunstaktion wieder ins öffentliche Bewusstsein. Die „Künstlergruppe Ester“ verhüllte das Denkmal und übermalte die Hülle in Erinnerung an das millionenfache Sterben mit roter Farbe.
Auf Beschluss der Bezirksvertretung Burg/Höhscheid vom März 2023 wurde das Ehrenmal um diesen vom Stadtarchiv Solingen verfassten Begleittext ergänzt.