Wir trauern um Bella Tabak Altura, die am 11. Juni 2024 im Alter von 92 Jahren in Florida verstorben ist. Geboren wurde die Tochter von Sally und Rosa Tabak am 20. Oktober 1931 in Solingen, wo ihre Eltern ein Möbelgeschäft betrieben. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 brach die Welt von Bella Tabak zusammen. Nazischergen drangen in die Wohnung der Familie ein, zerstörten Möbel und Hausrat, trieben den Vater durch die Straßen und prügelten ihn fast zu Tode. Für die damals 7jährige Bella ein traumatisierendes Erlebnis. Als Sally Tabak schließlich von Polizisten ins Gefängnis im Stadthaus an der Potsdamer Straße gebracht wurde, ging das Mädchen mit, denn ihre Mutter war zu der Zeit in Belgien, um Papiere für die Ausreise zu besorgen. Bella verbrachte die Nacht neben ihrem schwer verletzten Vater in der Gefängniszelle und wurde am nächsten Morgen von ihrem Kindermädchen Betty Reis abgeholt. Der Vater wurde später mit anderen Solinger Juden in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Nach seiner Entlassung floh die Familie Anfang 1939 nach Belgien, wo sie aber auch nach dem Einmarsch der Deutschen nicht mehr sicher war. Die Flucht führte weiter nach Frankreich und schließlich in die Schweiz, wo Bella bei Pflegefamilien lebte, während ihre Eltern in Internierungslagern untergebracht waren. Erst nach dem Krieg konnte die Familie zusammen in die USA auswandern.
Bella schrieb 2013 ihre Memoiren für ihre Enkel auf und publizierte sie im Selbstverlag. 2019 kam der Kontakt mit Daniela Tobias zustande, die sie in Florida besuchte. Bella Altura begleitete die Entstehung des Max-Leven-Zentrums mit großem Wohlwollen und finanzieller Unterstützung, ebenso wie die Entstehung des Kinderbuchs „Wer rettet Bella?“, das ihre Geschichte kindgerecht aufbereitet. Das Projekt entstand 2022 in Kooperation mit dem Schulreferat des Evangelischen Kirchenkreises und dem Technischen Berufskolleg, das mit einer Gestalterklasse an der Illustration arbeitete. Die Finanzierung von Klassensätzen für alle Solinger Grundschulen und weiterer Boxen zum Ausleihen wurde durch das das Förderprogramm „Demokratie Leben!“ ermöglicht. Seither haben zahlreiche Solinger Lehrer:innen an Fortbildungen des Kirchenkreises mit den Autorinnen Gabi Bergfeld, Corinna Maßmann und Christina Schulz zur Wiesch teilgenommen und setzen das Buch im Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen erfolgreich ein.
„[Bella] hofft, dass ihre Geschichte Kindern und Erwachsenen Mut macht, friedlich und liebevoll miteinander umzugehen, egal, wo sie herkommen und welchen Glauben sie haben. Kein Mensch soll Ausgrenzung erleben müssen!“, steht am Ende der Geschichte. Bella Tabak Altura war die letzte noch lebende in Solingen geborene Jüdin.