Am Montag, 18. November 2024, haben wir in Anwesenheit der Mitglieder der Stichting Truus Wijsmuller-Meijer aus Alkmaar die Ausstellung „Keine Zeit für Tränen. Die Kindertransporte von Truus Wijsmuller-Meijer“ im Zentrum für verfolgte Künste eröffnet. 13 Banner erzählen die Geschichte der Rettungsaktion von „Tante Truus“, die tausende jüdische Kinder aus dem von den Nationalsozialisten kontrollierten Territorium in Sicherheit nach England brachte. Ihr Gegenspieler war der in Solingen geborene Adolf Eichmann, mit dem sie nach der Pogromnacht in Wien über die Auswanderung der Kinder verhandelte.
Bürgermeister Thilo Schnor begrüßte die Gäste im Namen des Oberbürgermeisters und der Stadt Solingen: „Es ist vor dem Hintergrund der Geschichte bedrückend, dass nicht erst seit dem 7. Oktober, dem grausigen terroristische Überfall der Hamas auf Israel, erneut eine Zunahme antisemitistischer Straftaten zu verzeichnen ist. Eine Zunahme, die aber mit dem 7. Oktober noch einmal angestiegen ist. […] Umso wichtiger ist die Beschäftigung mit der Geschichte der Judenverfolgung, sind Ausstellung, wie wir sie heute eröffnen können. Die Ausstellung „Keine Zeit für Tränen“ soll helfen, sich dem Thema Antisemitismus emotional zu nähern und sich empathisch damit auseinanderzusetzen. Aus der Geschichte von „Tante Truus“ lassen sich für die Arbeit mit Jugendlichen diverse Themen ableiten. Wie war die generelle Situation jüdischer Kinder und Jugendlicher im Nationalsozialismus? Wie entwickelte sich ihr Alltag ab 1933 und welchen Einschränkungen und Ausgrenzungen waren sie unterworfen? Wie entwickelte sich die Bedrohung von Leib und Leben mit den Jahren und welche Möglichkeiten hatten jüdische Familien, sich in Sicherheit zu bringen? Wer half ihnen und wer nicht?“ Ansprache von Thilo Schnor (pdf)
Der ehemalige Vorsitzende der Stichting Truus Wijsmuller-Meijer, Leen Spaans, bedankte sich für die Einladung nach Solingen: „Als Dietmar Gaida und Susanne Koch letztes Jahr Truus‘ neue Statue in Alkmaar entdeckten, sahen sie in den Kindern um Truus deutschsprachige Kinder. Sie kommen schon seit vielen Jahren in unsere Stadt und Region und kamen mit uns ins Gespräch. Wir waren überrascht, dass unsere Truus-Statue durch die abgebildeten Kinder eine Gelegenheit zum Gespräch bot. Wir erfuhren von Ihrem Max Leven-Zentrum und der schönen Arbeit, die Sie hier gemeinsam für die Gemeinschaft leisten. Wir erfuhren, dass unsere Stadtgeschichte, die von Krieg und Verfolgung geprägt ist, viele Gemeinsamkeiten mit Ihrer Stadtgeschichte aufweist. Der Gegenspieler von Truus, die in Alkmaar geboren ist, war Adolf Eichmann, der in Solingen geboren ist. Wir haben auch gemeinsam über die aktuelle politische Situation in unseren Ländern gesprochen, über die Erfahrungen mit dem neuen Antisemitismus, mit Gewalt und Terrordrohungen. Wir schaudern und haben Angst. Aber wir sind auch entschlossen, uns weiterhin um Frieden zu bemühen, indem wir uns miteinander verbinden und am anderen interessiert bleiben, indem wir uns verbinden und jungen Menschen helfen, sich ein Urteil darüber zu bilden, wie man ein gutes Leben führen kann. Um es mit den Worten von Truus zu sagen: Wenn du helfen kannst, dann hilf mit.“ Ansprache von Leen Spaans (pdf)
Der amtierende Vorsitzende der Stichting, Jos van Dam betonte: „Diese Zeit ist eine Zeit der Unsicherheit, der Verwirrung, des Erregungszwangs, und wir haben Mühe, einander wirklich zu hören und zu sehen. Und dass es Nuancen gibt, wird immer weniger akzeptiert. Die Fakten in der öffentlichen Diskussion zählen weniger. Die Ereignisse in Amsterdam, Berlin und Paris rund um den Fußball und die nationale und internationale Empörung stärken unser Engagement: Truus hilft Kindern und Erwachsenen zu helfen. Helft, wo ihr könnt, lautet die Botschaft. So haben es viele Niederländer in Amsterdam auch getan. Die Erlebnisse sind für die Betroffenen traumatisch, wie auch für Sie bei dem jüngsten Terroranschlag in Solingen. […] Wir stehen hier in diesem Moment für unsere Bemühungen, jungen und interessierten Menschen die damalige Situation verständlicher zu machen und wie wir am Beispiel von Truus Wijsmuller und Max Leven aus ihr lernen können.“ Ansprache von Jos van Dam (pdf)
Am Dienstag waren Schüler:innen des Humboldtgymnasiums zu Besuch in der Ausstellung. Ein Religionskurs der 10. Klasse unter Leitung von Michaela Schmitz und Teilnehmer:innen der Niederländisch-AG trafen Mitglieder der Stichting und des Vereins Max-Leven-Zentrum Solingen, um Ideen zu entwickeln, wie sie im nächsten Jahr ihren Mitschüler:innen die Geschichte der Niederländerin vermitteln können, die tausende jüdische Kinder vor dem Zugriff der Nazis rettete. Die Ausstellung ist ausleihbar und soll durch die Schulen im Bergischen Land wandern. Die Jugendlichen beschäftigten sich mit Themen wie „Was packe ich in einen Fluchtkoffer?“ – „Wie erging es den Kindern in ihrer neuen Heimat?“ – „Wie empfand Truus Wijsmuller-Meijer die Konfrontation mit Adolf Eichmann, mit dem sie über die Ausreise der Kinder verhandeln musste?“ Wir sind sehr gespannt auf die weitere Entwicklung des Projektes.
Weitere Infos zur Ausleihe und zum Begleitprogramm finden Sie auf der Projektwebseite tantetruus.de
Elena Hong berichtete für Radio RSG am 17.11.2024 in der Sendung „Himmel und Erde“ über die Ausstellung: Tante Truus – eine Heldin der Nazizeit