Keine Zeit für Tränen

Was bewegte eine Frau aus den Niederlanden 1938 jüdische Kinder aus Deutschland und Österreich zu retten? Wie hat sie es geschafft, Kontakte zu knüpfen, Transporte zu organisieren und die Eltern zu überzeugen? Welche Schwierigkeiten musste sie bewältigen, welche persönlichen Risiken war sie bereit einzugehen? Was bedeutete die Rettungsaktion für die Kinder, die ohne Eltern in ein fremdes Land kamen? Die Wanderausstellung über die grenzüberschreitende Hilfsaktion von „Tante Truus“ zeigt, was es bedeutete, Zivilcourage zu zeigen und sich für den Schutz jüdischen Lebens unter einer Diktatur einzusetzen.

Am 18. November um 18 Uhr wird die Ausstellung im Ratssaal des Zentrums für verfolgte Künste, Wuppertaler Straße 160, 42653 Solingen im Beisein des Vorstands der Stichting Truus Wijsmuller-Meijer eröffnet. Sie wird dort bis zum 28. Dezember 2024 zu sehen sein. Während der Ausstellungszeit werden Führungen und Workshops für Schulen angeboten.

Parallel wird die Ausstellung auch im Rathaus Elberfeld, Foyer 1. OG, Neumarkt 10, 42103 Wuppertal gezeigt. Hier findet die Eröffnung am 20. November um 18 Uhr ebenfalls im Beisein der Stichting Truus Wijsmuller-Meijer statt. Sie wird dort bis zum 31. Dezember 2024 zu sehen sein.

Statue von Tante Truus in Alkmaar. Foto: Stichting Truus Wijsmuller-Meijer

Im Sommer 2023 entdeckte Dietmar Gaida, Vorstandsmitglied des Vereins Max-Leven-Zentrum Solingen e. V. in Alkmaar die Ausstellung über das beeindruckende Engagement der Niederländerin, die tausende jüdische Kinder vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten rettete. Er knüpfte Kontakt und schnell entstand die Idee, die Ausstellung zu übersetzen und in Solingen und Umgebung zu zeigen. Mit dem Falken Bildungs- und Freizeitwerk (FBF) Bergisch Land e. V. kam ein weiterer Partner ins Boot, um Ausstellung und Verleih im Bergischen Land zu organisieren. Die Ausstellung wurde um allgemeine Informationen zu Kindertransporten und um Beispiele aus der Region ergänzt.

Die 13 Banner können ab 2025 ausgeliehen werden und es wird Begleitmaterial zum Download bereitstehen. Weitere Informationen dazu finden sich auf der Webseite tantetruus.de

Antisemitismus ist in Europa, dem Nahen Osten und weltweit verbreitet und über Jahrhunderte kulturell und gesellschaftlich tief verwurzelt. Er ist oft abstrakt und erst auf dem zweiten Blick erkennbar, stellt aber in der Konsequenz immer eine Bedrohung von Leib und Leben jüdischer Menschen dar. Die Wanderausstellung soll Jugendlichen helfen, sich dem Thema emotional zu nähern und sich damit empathisch auseinanderzusetzen.

Zunächst ist es wichtig, die Situation der jüdischen Kinder im Nationalsozialismus zu verstehen: wie entwickelte sich ihr Alltag ab 1933, welchen Einschränkungen und Ausgrenzungen waren sie unterworfen, wie entwickelte sich die Bedrohung mit den Jahren, welche Möglichkeiten hatten jüdische Familien, sich in Sicherheit zu bringen, wer half ihnen und wer nicht?

Mit dem Begleitmaterial soll an den Konzeptansatz von „Erinnern heißt Zukunft gestalten“ angeknüpft werden, um Jugendliche für dieses gesellschaftliche Problem zu sensibilisieren. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse im Nahen Osten und der vielen aktuellen antisemitischen Vorfälle hier bei uns. 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Shoa haben Menschen jüdischen Glaubens weltweit und hier in Deutschland wieder Angst, sich offen zu ihrem Glauben und ihren kulturellen Wurzeln zu bekennen.

Am Donnerstag, 28. November um 19 Uhr spricht Astrid Messerschmidt, Professorin für Erziehungswissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal, über Antisemitismus als Weltbild. Die Veranstaltung wird in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Genügsamkeitstraße stattfinden.

Am Sonntag, 15. Dezember um 14 Uhr stellt Dr. Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal im Zentrum für verfolgte Künste das Kinderbuch „Der Duft von Apfelkuchen. Die Geschichte des Mädchens Renate Inow aus Elberfeld“ vor. Renate Inow gehörte zu den 36 Kindern und Jugendlichen aus Wuppertal, die mit einem Kindertransport gerettet werden konnten.

In der Demokratie ermöglichen die Menschenrechte dem Einzelnen, dass seine Grundrechte selbst dann gelten, wenn er nicht zur Mehrheit gehört. So ist die Demokratie der Garant für die Geltung der Menschenrechte, aber im Umkehrschluss gilt auch, dass demokratische Herrschaft ohne Respekt, Schutz und Verwirklichung von Menschenrechten nicht gelingen kann. Deshalb dürfen Diskriminierung und Antisemitismus bei uns keinen Platz haben. Nicht die Fokussierung auf die Täter ist wichtig, sondern auf diejenige die etwas gegen Antisemitismus unternehmen, die Zivilcourage und Mut beweisen, sich für diejenigen einzusetzen, die Schutz brauchen.

Daher kann die Geschichte der grenzüberschreitenden Hilfsaktion von „Tante Truus“ dazu dienen, die heutige Situation jüdischer Menschen in Europa, die Bedingungen eines freien jüdischen Lebens und die Frage nach Zivilcourage, dem Schutz jüdischen Lebens und unser aller Verantwortung dafür zu reflektieren.

Am Samstag, 28. Dezember von 10-17 Uhr wird das Zentrum für verfolgte Künste anlässlich der öffentlichen Hanukkah-Feier der jüdischen Kultusgemeinde Bergisches Land und der Stadt Solingen geöffnet sein. An diesem Tag werden auch Führungen durch die Ausstellung über Tante Truus und durch die Ausstellung „Solinger Künstler in der Kunstregion Rheinland 1933-1945. Moorsoldaten? Eine Spurensuche“ des Museums Zentrum für verfolgte Künste angeboten.

Das Projekt wurde mit Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ gefördert und durch weitere Institutionen unterstützt.

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