„Krieg in Europa“ sollte eine schwarz-weiße Erinnerung sein. Jetzt verfolgen wir fassungslos, live und in Farbe, wie Russland die Ukraine militärisch angreift. Auf infame Weise hat Putin die Geschichte verdreht und instrumentalisiert, um einen Krieg gegen ein freies Land zu rechtfertigen und Völkerrecht zu brechen. Was „Krieg in Europa“ bedeutet können wir allerdings aus der Geschichte lernen, auch hier bei uns.
Auf dem Friedhof in Burg ist letztes Jahr ein Gedenkort entstanden. Dort sind auch ukrainische Zwangsarbeiter:innen begraben, Männer, Frauen und Kinder, die während des Zweiten Weltkriegs nach Solingen verschleppt wurden, die hier bei Bombardierungen, durch Krankheiten und während der Gefechte in den letzten Kriegstagen ums Leben kamen. Wenn Sie das nächste mal eine Runde um Burg wandern, vielleicht auf dem Willi-Lohbach-Weg, machen Sie einen Abstecher und sehen Sie sich die Gräber und die Namen an, lesen Sie ihre Geschichte auf den Infotafeln oder hier auf der Webseite nach.
Wenn Sie die Ausstellung des Max-Leven-Zentrums im Zentrum für verfolgte Künste besuchen, können Sie die Geschichten von Paul Blobel und Fritz Gräbe nachlesen. Beide waren Solinger Architekten, die es während des Krieges in die Ukraine verschlug. Paul Blobel war Täter, er war verantwortlich für die Ermordung von über 33.000 Jüdinnen und Juden bei Kiew in der Schlucht von Babyn Jar . Auch Fritz Gräbe wurde Zeuge solcher Massenerschießungen, entschloss sich aber unter Einsatz seines Lebens so viele Menschen wie möglich in die Arbeitseinheiten der Baufirma abzustellen, für die er tätig war, und wenigstens diesen das Leben zu retten. (Nachtrag: am 1. März 2022 wurde der Fernsehturm von Kiew bombardiert, der in unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte von Babyn Jar liegt.)
Krieg ist Gewalt, ist Tod, ist das Ende von Menschenwürde und Demokratie. Das ist das Entscheidende, was wir aus der Geschichte lernen können. Für die Menschen in der Ukraine ist der Krieg seit wenigen Tagen bittere Realität geworden. Es sterben Zivilisten und Soldaten, Familien flüchten nachts in U-Bahnschächte, Mütter und Kinder werden von ihren Vätern getrennt. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine und den mutigen Demonstrant:innen in Russland und Belarus.
Fotos von der Eröffnung des Gräberfelds auf dem Burger Friedhof: Daniela Tobias