#closedbutopen Morde an alliierten Fliegern

Da die Ausstellung „… und laut zu sagen: Nein.“ pandemiebedingt nicht wie geplant im Mai 2020 eröffnet werden konnte, wurden bis Mai 2021 jede Woche Teile daraus unter dem Hashtag #closedbutopen vorgestellt.

Tatort Potsdamer Straße

Todesanzeige für Jack Lupinsky, Quelle: veterans.gc.ca

Bei einem Angriff auf Düsseldorf war am 2. November 1944 in Solingen ein alliierter Flieger abgestürzt. Drei Besatzungsmitglieder starben bei dem Crash, die vier Überlebenden – drei Kanadier und ein Brite – wurden festgenommen und im Polizeigefängnis im Stadthaus inhaftiert.

Am 5. November, nach dem zweiten Großangriff auf Solingen, sollten die Gefangenen zum Verhör nach Düsseldorf überstellt werden. Die von zwei Soldaten bewachte Gruppe wurde aber auf dem Weg zum Transportfahrzeug von SA-Männern, Wehrmachtssoldaten und Zivilisten entdeckt. Die Menge umringte die alliierten Soldaten, die Situation eskalierte. Verschiedene Personen schossen auf die Kriegsgefangenen und alle vier starben noch auf der Straße. Passanten warfen Steine auf die am Boden liegenden sterbenden Soldaten und traten auf die leblosen Körper. Ermordet wurden die drei Kanadier Matthew Dorrell, Jack Lupinsky, Allan Gilchrist Samuel und der Brite Ernest Crossley.

Der genaue Tatablauf ist nicht mehr rekonstruierbar. Ein britisches Militärgericht verurteilte 1947 den SA-Führer Erich Wilinski und den Wehrmachtssoldaten Hans Kühn. Wilinski wurde zum Tode verurteilt, weil er einen alliierten Soldaten mit zwei Schüssen in Kehle und Kopf getötet hatte. Kühn verurteilte das Gericht zu 20 Jahren Haft, weil er dreimal mit seiner Pistole auf die Gefangenen geschossen hatte. Wilinski wurde später zu 20 Jahren Haft begnadigt und 1957 – wie Hans Kühn – vorzeitig entlassen.

„Der Unteroffizier, der für die Flieger verantwortlich war, rief: ,Nicht schießen, sie stehen unter dem Schutz des Roten Kreuzes!‘ Die NSDAP-Männer brüllten: ,Tötet sie, sie haben unsere Frauen und Kinder umgebracht.‘“

Zeugenaussage vor dem Militärgericht
Am 5. November 2019 zum 75. Jahrestag der Fliegermorde richtete der Solinger Appell zusammen mit dem Historiker Dr. Stephan Stracke erstmals eine Gedenkfeier am Tatort aus. Daran nahmen neben Oberbürgermeister Tim Kurzbach, Josef Neumann (MdL), Dr. Ulrike Spengler-Reffgen (Vorsitzende des Katholikenrats) und Superintendentin Dr. Ilka Werner auch Vertreter des Britischen Veteranenverbands teil. Foto: Christian Beier

Traugott Vitz, Pfarrer i.R., hielt bei der Gedenkfeier einen Vortrag über das Schicksal der vier Flieger, die er recherchiert hatte. Aufnahme: Gerd Walsken

Tatort Burg

Ebenfalls am 5. November 1944 wurde der französische Flieger Henri Olive, der mit seinem Flugzeug über Burg und Wermelskirchen abgestürzt war, getötet. Er überlebte zwar den Crash und wurde gefangen genommen, aber auf dem Weg nach Wermelskirchen von dem Burger Landwehrmann Konrad Beging, der ihn zu einer Sammelstelle der Wehrmacht bringen sollte, „auf der Flucht erschossen“.

Konrad Beging kam am 15. April 1945, kurz nach der Befreiung von Burg, unter ungeklärten Umständen ums Leben. Der mutmaßliche Täter, ein französischer Zwangsarbeiter, wurde 1955 „nur“ wegen versuchten Totschlags verurteilt. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass Beging sich zuvor selbst in den Kopf geschossen hatte.

Abgeschossener Flieger der Alliierten, undatiert, Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 9351 (Nachlass Hans Brangs)

Quellen:
– Veterans Affairs Canada: Canadian Virtual War Memorial, Matthew Dorrell, Jack Lupisnky und Allan Gilchrist Samuel
– Stadtarchiv Solingen: RS 9351
– National Archives, Kew: WO 309 770 (Prozessakte zum Fliegermord), WO 309 166 (Täterakten)
– Christian Beier: Foto Gedenkfeier 5.11.2019
– Gerhard Walsken: Aufnahme Rede Traugott Vitz, 5.11.2019

Die empirische und konzeptionelle Grundlagenarbeit zur Ausstellung durch Dr. Stephan Stracke wurde mit Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung NRW gefördert.

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