Im Kunst-Grundkurs Q2 des Humboldtgymnasiums Solingen unter Leitung von Christina Vohland sind im Frühjahr 2021 acht Installationen entstanden, die die Biographie „Golden America – A memoir“ von Bella Tabak künstlerisch reflektieren. Die Schüler:innen haben in Holzwürfeln mit einer Kantenlänge von 40 cm Räume entworfen, die die traumatischen Erinnerungen, Ängste, aber auch Hoffnungen der in Solingen geborenen Jüdin aufgreifen und in ausdrucksstarke Bilder umsetzen.
Bella Tabak erlebte als Siebenjährige im November 1938 in der Pogromnacht den Überfall von SS-Männern, die ihre Wohnungseinrichtung zerstörten und ihren Vater Sally schwer misshandelten. Er wurde danach zusammen mit anderen jüdischen Männern aus Solingen in das KZ Dachau gebracht. Nach seiner Entlassung floh die Familie zunächst nach Belgien, wo sie aber auch nicht sicher war, genauso wenig wie in Frankreich. Erst die weitere Flucht in die Schweiz brachte zwar Sicherheit vor der Verfolgung, aber bedeutete auch eine vorübergehende Trennung von den Eltern, die hier als Deutsche in Internierungslagern leben mussten. Erst nach dem Krieg konnte Bella zusammen mit ihren Eltern in die USA auswandern.
Felix und Marine haben den Angriff auf die jüdische Kultur in den Mittelpunkt gestellt, die in der „Kristallnacht“ in ganz Deutschland und Österreich zum Ziel des NS-Mobs wurde. Das Eindringen in den privaten Raum und die Zerstörung der religiösen Orte, die eigentlich Zuflucht und Halt geben sollten, gingen auch für die Familie Tabak nach dieser Nacht verloren.
Nina und Sarah haben die Zerstörung der Wohnung und die Zerstörung der glücklichen Kindheit von Bella Tabak durch eine zweigeteilten Raum dargestellt. Am schwarzen Boden liegen zerbrochene Möbel und ein kaputtes Stofftier während unter der Decke, von den Mauerresten verdeckt und nur über ein Spiegel sichtbar, in weiß die heilen Möbel und eine Vase mit weichen Watteblumen hängen, die die liebevolle Beziehung zur Mutter symbolisieren.
Jan-Moritz betrachtet die Geschichte von Bella Tabak aus der Nachkriegs-Perspektive. Der Weg in die USA und in die Freiheit liegt vor ihr, aber die zweischneidigen Erinnerungen an glückliche Tage und den Terror und die Flucht lassen sich nicht voneinander trennen, sorgen für Selbstzweifel und Unsicherheit.
Baki und Daniel beziehen sich mit ihrer Installation auf eine Flucht-Etappe in Frankreich, wo die Unterkunft der Familie Tabak von Ratten und Mäusen heimgesucht wurde. Gleichzeitig symbolisieren die Mausefallen das antisemitische Klischee der Juden als Schädlinge, mit dem die Nationalsozialisten die Vernichtung der Juden rechtfertigten. Dass die Familie auch in Frankreich noch nicht sicher war, zeigt das Loch im Boden. Die blaue Tür stellt die Hoffnung auf einen Ausweg dar.
Dion und Florian haben die Schutzlosigkeit Bellas durch das verletzliche Herz dargestellt, das von gefährlichen Dornen umgeben ist und über der Asche ihres bisherigen Lebens schwebt. Ein roter, seidener Faden symbolisiert die Spur der Hoffnung, um der Bedrohung und dem Schmerz zu entkommen.
Hannah und Katharina stellen in ihrer Installation die heile und geborgene Welt der Familie der Zerstörung und dem Schmerz als eine Art Ohnmachtszustand gegenüber. In der heilen Welt ist noch alles federleicht. An der Wand steht in roten Schriftzeichen auf hebräisch das Wort „Familie“ während nach der Pogromnacht alles zerschlagen, leer und schmerzverzerrt ist.
Luis und Max haben sich in abstrakter Form mit der Situation von Bella und ihrer Familie auseinandergesetzt. In einem leeren, dunklen Raum bilden schwarze Fäden ein Spinnennetz der Verfolgung. Dem gegenüber stehen die roten Fäden, die die verwinkelten Fluchtwege und den Davidstern als Verfolgungsgrund symbolisieren. Die hebräischen Buchstaben für den Begriff „verloren/verirrt“ sind im Raum verteilt.