„… und laut zu sagen: Nein.“ – Résumé statt Eröffnung

Es hätte der feierliche offizielle Start der Bildungs- und Gedenkstätte Max-Leven-Zentrum Solingen werden sollen: für den 7. Mai 2020 war die Eröffnung der Ausstellung „… und laut zu sagen: Nein.“ im Zentrum für verfolgte Künste geplant. 63 Tafeln, fünf Medienstelen und verschiedene Ausstellungs-Objekte sollten über lokale Formen, Strategien und Bedingungen des Widerstands gegen das NS-System in Solingen informieren und darüber, welche Folgen ausbleibender Widerstand hatte. Bis zum 13. September 2020 waren zahlreiche Veranstaltungen mit Vorträgen, Filmen und Führungen geplant, die Ausbildung von Schülerguides für die Führung von Schulklassen angedacht. Es kam anders: das Corona-Virus legte das öffentliche Leben auf Eis, Schulen und Museen mussten auf unbestimmte Zeit schließen.


Schnell war klar, dass wir in dieser Situation nicht bis zum Mai warten wollten, um über unsere Webseite Ausschnitte aus der Ausstellung zu zeigen. So startete am 28. März mit einem ersten Beitrag über die Zugabfertigerin Hedwig Meyer die Reihe #closedbutopen. Unter diesem Hashtag präsentieren weltweit Gedenkstätten und Museen ihre Sammlungen und entwickeln Formate zum Austausch mit dem Publikum, das jetzt nicht vor Ort sein kann. Jeden Samstag um 12 Uhr schalten wir seither Beiträge mit Fotos, Dokumenten, Filmen und weiterführenden Links frei, die Einblicke in die verschiedenen Biographien und Themen unserer Ausstellung geben. Bekannte Persönlichkeiten wie der Bekenntnis-Pfarrer Johannes Lutze und der Widerstandskämpfer Karl Bennert oder der Jahrestag des Wenzelnberg-Massakers regten die Solingerinnen und Solinger dazu an, auf unseren Social Media-Seiten Kommentare zu hinterlassen oder E-Mails zu schreiben. Es freut uns, dass wir damit zumindest ein wenig den direkten Austausch ersetzen können und hoffen, dass wir damit das Interesse bis ins nächste Frühjahr mitziehen können, wenn die Ausstellung nachgeholt wird.

Zum eigentlich geplanten Eröffnungstermin möchten wir aber auch noch einmal einen Blick zurück werfen.

Als der Arbeitskreis „Verfolgung und Widerstand in Solingen 1933-1945“ am 4. Mai 2019 zum „Runden Tisch“ ins Forum der Bergischen VHS eingeladen hatte, um über die Einrichtung einer Bildungs- und Gedenkstätte zur NS-Zeit in Solingen zu diskutieren, war noch nicht klar, ob es gelingen würde, dies am Standort der ehemaligen „Bergischen Arbeiterstimme“ Am Neumarkt/Max-Leven-Gasse zu realisieren. Klar war allerdings, dass das Interesse in der Solinger Bevölkerung riesig war. Die 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer passten so gerade in die Räumlichkeiten. Drei Arbeitsgruppen tauschten sich nach einem Impulsvortrag von Dr. Ulrike Schrader zur Geschichte der Gedenkstättenarbeit in NRW über die lokalen historischen Grundlagen, Finanzierungsmöglichkeiten und die Einbeziehung von Jugendlichen und Schulen aus.

Am 24. Mai 2019 kam dann die Zusage der Stadt-Sparkasse Solingen und von Oberbürgermeister Tim Kurzbach, dass eine Gedenkstätte in Trägerschaft der Stadt Solingen unter Leitung des Stadtarchivars Ralf Rogge in den Räumen der neuen Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse an der Max-Leven-Gasse kommen würde. Aus dem Arbeitskreis „Verfolgung und Widerstand in Solingen 1933-1945“ heraus wurde der Verein „Bildungs- und Gedenkstätte Max-Leven-Zentrum Solingen e.V.“ gegründet, der die Stadt Solingen bei der Einrichtung und dem Betrieb der Einrichtung im engen Austausch unterstützen soll. Inzwischen zählt der Verein 83 Mitglieder.

Im November 2019 stellten wir bei der Landeszentrale für politische Bildung NRW einen Antrag auf Förderung der empirischen und konzeptionellen Grundlagenarbeit für eine Ausstellung über den Nationalsozialismus in Solingen, für die uns das Zentrum für verfolgte Künste die Räume der Literatursammlung angeboten hatte. Im Dezember konnte der Wuppertaler Historiker Dr. Stephan Stracke damit beauftragt werden, die Archive zu sichten und Akten auszuwerten. Gleichzeitig begann die Düsseldorfer Designerin Doris Ahlgrimm ehrenamtlich ein visuelles Konzept für die Ausstellung zu entwerfen. Eine interessierte Gruppe aus dem Arbeitskreis trug ebenfalls ehrenamtlich unter Mithilfe des Solinger Stadtarchivs Informationen und Dokumente zusammen, erstellte Texte, Listen, ein Glossar und steuerte familiäre Erinnerungsstücke bei. Damit wurde eine bereits lange verfolgte Initiative des Arbeitskreises, die lokale Geschichte während der NS-Zeit in unserer Stadt präsenter zu machen, endlich in die Tat umgesetzt.

Visualisierung der Ausstellung in der Literatursammlung des Zentrums für verfolgte Künste. Foto/Montage: Daniela Tobias

Als sich im März herauskristallisierte, dass die Ausstellung verschoben werden musste, waren wir gerade im Redaktionsschluss, das Veranstaltungsprogramm stand schon, und die Planung für die gemeinsame Werbe-Kampagne mit dem Zentrum für verfolgte Künste hatte Gestalt angenommen. Die schnelle Umstellung auf Online-Angebote wirbelte zwar erstmal den Zeitplan durcheinander, aber in dieser Woche werden die Ausstellungstafeln dennoch in Druck gehen. Die Mittel aus dem Förderprogramm „Demokratie leben!“ waren dafür bereits bewilligt, und wir wollten auch die Druckerei in diesen schwierigen Zeiten nicht hängen lassen.

Gleichzeitig wurden weitere Fördermittel für einen animierten 360°-Rundgang rund um die Max-Leven-Gasse und seine für die Arbeiterbewegung in Solingen bedeutsamen Orte beantragt. Von den Redaktionsräumen der „Bergischen Arbeiterstimme“ soll außerdem eine virtuelle 3D-Rekonstruktion angefertigt werden, die später auch mit einer 3D-Brille betreten werden kann. Die Mittel wurden inzwischen bewilligt und die Solinger Firma Excit 3D beauftragt, die Aufnahmen zu erstellen und für eine Webseite aufzubereiten. Weitere Inhalte wie Texte, Dokumente, Fotos und Filme, die in die Webseite integriert werden sollen, stellen der Verein und das Stadtarchiv Solingen derzeit zusammen.

Luftbilder von 1928 und 1938. Quelle: Geoportal Solingen und Stadtarchiv Solingen, Bearbeitung: Daniela Tobias

Sobald sich der Corona-Nebel lichtet und Zusammenkünfte wieder möglich sind, möchte der Verein auch wieder zu Veranstaltungen einladen. Die Serie #closedbutopen wird voraussichtlich bis Ende des Jahres fortgeführt. Dazu nehmen wir gerne weitere Anregungen auf. Wer sich für besondere Themen interessiert, Fragen hat, eigenes Wissen oder Dokumente beisteuern kann oder Ideen für weitere Arten der Vermittlung hat, darf sich gerne bei uns melden!

Beteiligte an der Ausstellung „… und laut zu sagen: Nein.“

  • Empirische und konzeptionelle Grundlagenarbeit: Dr. Stephan Stracke (gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung NRW)
  • Gestaltung: Doris Arianna Ahlgrimm
  • Druck: KLAPPERTs BildWerbung Düsseldorf (gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Förderkonzepts „Partnerschaften für Demokratie Solingen“)
  • Ehrenamtliche Mitarbeiter aus dem „Arbeitskreis Verfolgung und Widerstand in Solingen 1933-1945“: Ulli Becker, Monika Berger, Günter Bischoff, Annette Checchin, Bernhard Erkelenz, Dietmar Gaida, Holger Kahle, Annemarie Kister-Preuss, Hans-Günter Koch, Inge Krämer, Petra Lindenau, Uwe von Massenbach, Dorothea Melcher, Erik Pieck, Uli Preuss, Jürgen Regneri, Michael Sandmöller, Dr. Horst Sassin, Thomas Schmidt, Dr. Ulrike Spengler-Reffgen, Daniela Tobias, Gerhard Walsken

Mit freundlicher Unterstützung von:

  • Bundesarchiv, National Archives Kew
  • Landesarchiv NRW Rheinland, Landesarchiv NRW Westfalen, Staatsarchiv Nürnberg, Niedersächsisches Staatsarchiv Stade, Staatsarchiv Lodz
  • Stadtarchiv Solingen, Stadtarchiv Wuppertal, Stadtarchiv Remscheid, Stadtarchiv Langenfeld, Stadtarchiv München
  • Zentrum für verfolgte Künste Solingen, Solinger Künstler e.V., Sammlung Spurensuche – NS-Geschichte in Wuppertal e.V., Willi-Dickhut-Stiftung e.V., Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager e.V., United States Holocaust Memorial Museum Washington
  • Archiv des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Archiv der Evangelischen Kirche Wald, Archiv der Gemeinde St. Josef Krahenhöhe
  • Karl-Rainer Broch, Yvonne Dobrodziej, Ralf Dornhaus, Bastian Glumm, Familie Goerdeler, Familie Graebe, Dirk Rotthaus, Andreas Schäfer, Armin Schulte, Bella Tabak Altura

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